Zum Bildungsteil der Generalversammlung 2024 des VASO gehörte eine Führung mit Urs Kälin, Stellvertretender Direktor des Schweizerischen Sozialarchivs, durch Altdorf.
112. Generalversammlung in Altdorf mit historischem Entscheid
Die Generalversammlung des VASO, die am 1. Juni 2024 in Altdorf stattfand, hat einen historischen Entscheid gefällt. Um dem VASO beitreten zu können, war in den 112 Jahren seines bisherigen Bestehens die Mitgliedschaft in einer dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) angeschlossenen Gewerkschaft eine statutarische Voraussetzung. Jetzt wurde die Bestimmung gelockert. Neu können auch Angestellte anderer Arbeitnehmerorganisationen VASO-Mitglied werden. Ganz unbestritten war der Antrag des Vorstandes für die Anpassung der Statuten allerdings nicht, mit 3 Gegenstimmen und 6 Enthaltungen fiel die Zustimmung dann aber doch recht deutlich aus.
Dimitri Moretti heisst die VASO-Familie im Kanton Uri willkommen.
Diese Öffnung ist eine der Massnahmen, mit der – so Präsident Kurt Altenburger in seinem Rechenschaftsbericht – den strukturellen Problemen in der Mitgliederentwicklung des Vereins entgegengetreten werden soll. Weitere Anstrengungen seien notwendig und geplant, hielt der Vorsitzende fest. An den Leistungen des VASO für seine Mitglieder kann es nicht liegen, da sie attraktiv sind und laufend den Entwicklungen angepasst werden. Immerhin konnte im Berichtsjahr der Mitgliederbestand um 1 Mitglied auf 143 erhöht werden; 7 Neueintritte standen 3 Austritten und 3 Todesfällen gegenüber.
Der Besuch in der neuen Cité du Temps in Biel war eines der Bildungsangebote, welche der VASO seinen Mitgliedern im Berichtsjahr, verbunden mit der Generalversammlung in der «Zukunftsstadt», angeboten hatte. Eine weitere war eine für den September ausgeschriebene Stadtwanderung in der Bundesstadt, die jedoch wegen Erkrankung des Führers Claude Longchamp zweimal verschoben werden musste und schliesslich dann im Mai dieses Jahres durchgeführt werden konnte.
In der Zusammensetzung des Vorstandes ergaben sich unter dem Traktandum Wahlen Änderungen, da 2 Rücktritte vorlagen. In ihren Ämtern bestätigt wurden Kurt Altenburger (Präsident) und Renato Mazzocco (Kassier). Jürg Keller wird weiterhin als Mitglied des Vorstandes amtieren, und neu wurde Silvia Dell’Aquila in den Vorstand gewählt. Das Amt der Revisoren wird weiterhin von Hansjörg Bartholdi und Willy Schuler ausgeübt. Die aus dem Vorstand zurücktretenden Christoph Wiggenhauser und Peter Berger wurden vom Präsidenten gebührend verabschiedet und ihr Einsatz für den VASO unter Applaus verdankt. Eine grosse Lücke hinterlässt nach 26-jähriger Vorstandstätigkeit – davon 13 Jahre als Präsident – Christoph Wiggenhauser, der in dieser Zeit unzählige Bildungsreisen und -veranstaltungen organisiert hatte.
Die mit 50 Teilnehmern sehr gut besuchte Generalversammlung war die erste in der Geschichte des Vereins, die im Kanton Uri durchgeführt wurde. Ausserordentlich herzlich war denn auch die Begrüssung durch Regierungsrat Dimitri Moretti, bis zum Vortag noch Sicherheitsdirektor des Urkantons. Bei den kürzlichen kantonalen Erneuerungswahlen hat die Sozialdemokratische Partei allerdings ihr einziges Mandat in der Exekutive eingebüsst. Dies habe zur Folge, dass die bürgerlichen Regierungsparteien nun die alleinige Verantwortung tragen für die Lösung der dringenden Probleme im Kanton, hielt Kollege Moretti fest. Eines davon ist der Mangel an qualifizierten Fachkräften, dadurch hervorgerufen, dass viele junge Leute nach der Ausbildung den Kanton verlassen, ohne später wieder zurückzukehren. Das andere grosse Problem, mit dem der Kanton Uri sich seit je herumschlägt, sind die negativen Seiten seiner Stellung als ausgesprochener Transitkanton. Die Verlagerung der Güter auf die Schiene bleibe daher die grosse Aufgabe der Zukunft.
Der abtretende Christoph Wiggenhauser hat für seinen jahrelangen Einsatz sehr grossen Applaus geerntet. Auf diesem Bild hebt er nicht die Hand zum Schwur, sondern weist in einem engagierten Votum auf 3 Punkte hin, welche die Mitgliedschaft im VASO zu einer attraktiven Sache machen.
Der Nachmittag war dazu bestimmt, Altdorf und besonders dessen Industrie- und Sozialgeschichte kennenzulernen. Dazu war die Tagungslokalität, ein Saal im Dätwyler-Areal, der ideale Ausgangspunkt. Urs Kälin, selbst in einem der Dätwyler-Arbeiterhäuser aufgewachsen, wusste auf dem Rundgang viel Interessantes und – wohl für die Allermeisten der Teilnehmer – Unbekanntes zu erzählen. In keinem andern der Länderorte der Alten Eidgenossenschaft war der Hauptort so dominant gegenüber der Landschaft wie in Uri. Das hat viel mit dem wirtschaftlichen Potenzial zu tun, über das der Ort schon sehr früh verfügt hatte. Bereits in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts sicherte man sich den Energiebedarf der gängigen Gewerbe, indem ein künstlich angelegter Kanal, der Dorfbach, durch den Flecken geleitet wurde. Im 20. Jahrhundert war es dann – mitten im Ersten Weltkrieg – der aus dem Aargau stammende Adolf Dätwyler, der es wagte das hoch verschuldete Draht- und Gummiwerk zu übernehmen und es mit der Zeit zu einem grossen Konzern auszubauen. Daraus ging auch eine Stiftung hervor, die eine wichtige Rolle im kulturellen und sozialen Leben des Kantons spielt. Beim Gang durchs Dorf stösst man immer wieder auf vereinzelte Herrenhäuser, von denen es vor dem grossen Dorfbrand von 1799 das Mehrfache gab. Sie zeugen vom Reichtum, den die Mitregentschaft in Gemeinen Herrschaften sowie die Herrschaft über ennetbirgische Vogteien einst ins eher karge Land gebracht hatten. Die Führung endete am Rathausplatz, am Fusse des bekannten Tell-Denkmals und vor der eindrücklichen Fassade des Rathauses, das sich durch einen besonders reinen klassizistischen Stil auszeichnet.