Verein der Angestellten sozialer Organisationen der Schweiz

Bildungsveranstaltung im Hafenmuseum Basel

Am 22. April führte eine Bildungsveranstaltung des VASO in das Hafenmuseum Basel, das nach Renovationen in neuem Glanz erstrahlt. Rolf Schlebach begrüsste die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zunächst zu einem informativen Film über die Geschichte der Rheinschifffahrt und den Rheinhafen in Basel. Eingeläutet wurde sie 1872, als ein erstes Dampfschiff aus Kehl in Basel eintraf, nachdem der Oberrhein in den 60er-Jahren des 19. Jahrhunderts mit 18 Durchstichen begradigt worden war.

Die heute bestehenden drei Häfen in Kleinhüningen, Muttenz und Birsfelden sind Eigentum der Kantone Basel-Landschaft und Basel-Stadt. Die beiden Kantone unterhalten zusammen mit dem Kanton Aargau eine Rheinschifffahrtspolizei, die über die Einhaltung der Vorschriften auf dem Fluss und in den Häfen wacht. Das geltende Recht auf dem Fluss ist staatenübergreifend und wird von den Rheinanliegerstaaten in der sogenannten Mannheimer Akte festgelegt.

Schlebach hob hervor, dass die Rheinschifffahrt kein Hobby der Basler sei, wie das im Rest des Landes seinem Eindruck nach oft wahrgenommen werde. Der weitaus grösste Teil der in die Schweiz importierten Güter wird in den Rheinhäfen umgeschlagen, womit sie eine zentrale Rolle in der Versorgung der Schweiz spielen.

Ein Rundgang im Museum mit der im vergangenen Jahr völlig neu konzipierten Ausstellung zeigt die Geschichte der Schifffahrt auf dem Rhein auf und gibt ein Bild vom Betrieb des Basler Hafens. Eines der Highlights des Museums ist ein topmoderner Schiffssimulator, an dem man seine Fähigkeiten als Schiffsführer testen kann.

Über die gewerkschaftliche Tradition im Basler Rheinhafen war danach aus dem Munde von Nick Bramley, Sekretär der Gewerkschaft Nautilus International in Basel, viel Interessantes zu erfahren. Nachdem 1904 im neu eröffneten Hafen St. Johann die ersten 300 Tonnen Ruhrkohle gelöscht waren, stellte sich für die Hafenarbeiter auch die Frage der Interessenvertretung. Sie organisierten sich vorerst in der Gruppe «Holz- und Kohlenarbeiter» der Sektion Basel des damaligen Handels- und Transportarbeiter-Verbandes (HTAV). 1911 wurde die Bezeichnung der Gruppe auf «Holz-, Kohlen- und Hafenarbeiter» erweitert. Im gleichen Jahr konnte bei einem Organisationsgrad von 100% mit der Rheinhafen AG ein erster Gesamtarbeitsvertrag vereinbart werden. Im Kriegsjahr 1917 machte die Firma jedoch Konkurs. Nach Kriegsende wurde dann aber in Kleinhüningen der Bau des Hafenbeckens 1 in Angriff genommen, und mit der Gründung der Schweizerischen Schleppschiffahrtsgenossenschaft, der späteren Schweizerischen Reederei, trat ein neuer Arbeitgeber auf den Plan, mit dem 1924 ein Firmen-GAV abgeschlossen werden konnte. 1936 schliesslich wurde ein Hafen-GAV erkämpft, den 7 Firmen unterzeichneten. Der GAV-Mindeststundenlohn betrug Fr. 1.50; 371 Akkord-Positionen waren im Vertrag umschrieben. Die Akkordarbeit wurde 1940 im Zuge der Kriegswirtschaft abgeschafft.

Auf Gewerkschaftsseite brachte der 1. Weltkrieg ebenfalls einschneidende Veränderungen. 1915 schloss sich der HTAV mit dem Lebens- und Genussmittelarbeiter-Verband (VLGA) zum Verband der Handels-, Transport- und Lebensmittel-Arbeiter (VHTL) zusammen. 1928 spaltete sich die HTL-Union als Verband der Revolutionären Gewerkschaftsopposition (RGO), die in Basel eine Hochburg hatte, vom VHTL ab, bis zur Auflösung der RGO im Jahr 1934.

Bis in die 30er-Jahre des letzten Jahrhunderts hatten sich im VHTL, was die Rheinschifffahrt betraf, nur die Hafenarbeiter organisiert. Auf den Schiffen war kein schweizerisches Personal beschäftigt. Das änderte sich erst mit den Bemühungen der Eidgenossenschaft, mit der Schaffung einer eigenen Flotte die Versorgungssicherheit zu verbessern. Im Mai 1939 wurde in der Folge mit einer systematischen Berufsausbildung für Rheinschiffer auf dem Schulschiff «Leventina» begonnen. Durch die Zerstörungen der Infrastruktur in den letzten beiden Kriegsjahren kam die Rheinschifffahrt 1945 praktisch zum Erliegen. Die Internationale Transportarbeiter-Föderation (ITF) als Dach der nationalen Gewerkschaften, die in den Transport-Branchen tätig sind (in der Schweiz damals neben dem VHTL auch der SEV und der VPOD), organisierte 1946 in Basel eine Binnenschifffahrtstagung, die mit einem Manifest der Rheinschiffer Forderungen für Regelungen der Besatzung, der Arbeitszeit und der sozialen Sicherheit für das Schiffereipersonal verabschiedete.

Der Aufbau gewerkschaftlicher Strukturen in der Rheinschifffahrt erwies sich allerdings als schwierig. Aber 1952 war es soweit, nachdem Lohnsenkungen die Besatzungen mobilisiert hatten: 1952 wurde eine VHTL-Sektion Rheinschifffahrt gegründet und am Hafen ein Sekretariat eingerichtet, das von Kollege Karl Rebsamen (ab 1983 Hans Baumgartner) geführt wurde. Die neue Sektion wuchs innerhalb von 6 Monaten auf über 500 Mitglieder an. Eine ein Jahr später gegründete Sektion Seeleute, der die Besatzungen der Schweizer Hochseeflotte angehörten, wurde von der VHTL-Zentrale in Koordination mit der ITF betreut.

In den 80er-Jahren wirkte sich der Strukturwandel auf die gewerkschaftlichen Bewegungen aus. Der Abbau der Rheinflotte und Firmenfusionen sowie der Übergang zum Partikuliersystem höhlten den Gesamtarbeitsvertrag für die Rheinschifffahrt allmählich aus. Mit dem Containerverkehr erlebte sowohl der Transport als auch die Arbeit im Hafen einen gewaltigen Rationalisierungsschub. 1994 wurde ein letzter «Leventina»-Kurs durchgeführt. Der Schwund beim gewerkschaftlichen Organisationspotenzial konnte mit dem Aufkommen der Flusskreuzfahrt, die heute in Basel etwa 150 Schiffe umfasst, nur zum Teil wettgemacht werden.

Mitten in diesem Umbruch übernahm Nick von Hans Baumgartner das Hafensekretariat. Mit der Fusion der Gewerkschaft VHTL zur Gewerkschaft Unia 2005 wurden auch die Sektionen Rheinschifffahrt und Seeschifffahrt sowie die Gruppe Hafen Teil der neu gebildeten Grossgewerkschaft. Das blieb so bis 2011, als die beiden Schifffahrts-Sektionen aus Gründern der Zweckmässigkeit aus der Unia ausgegliedert wurden und sich als neue schweizerische Sektion der Gewerkschaft Nautilus International anschlossen. Die Nautilus-Sektion ist als solche dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund angeschlossen. Die Gruppe des Hafen-Personals hingegen blieb als Teil der Inland-Logistik bei der Unia.

Nach diesem spannenden Ausflug in einen speziellen Teil der schweizerischen Gewerkschaftsgeschichte rundete eine Bootsfahrt durch den Rheinhafen zur Mittleren Rheinbrücke eine interessante, von Jürg Keller organisierte Bildungsveranstaltung ab.